Lange Zeit galt die Genetik als Schicksal: „Krebs/Diabetes/Übergewicht liegen in meinen Genen.“ Doch die Entdeckung der Epigenetik hat diese Vorstellung grundlegend verändert. Es zeigt sich, dass die DNA kein starres Programm ist, sondern vielmehr eine Partitur, die je nach Bedingungen unterschiedlich interpretiert werden kann.
Werbung
Gene sind DNA-Abschnitte, die für Proteine kodieren. Aber nicht alle Gene sind gleichzeitig aktiv. Epigenetische Mechanismen – chemische „Markierungen“ auf der DNA oder den Histonen – schalten Gene ein oder aus, ohne die Sequenz selbst zu verändern. Sie funktionieren wie Lichtschalter: Die Verkabelung bleibt gleich, aber das Licht ist an oder aus.
Was beeinflusst diese „Schalter“? Lebensstilfaktoren: Ernährung, Stress, Schlaf, körperliche Aktivität, Schadstoffe. Rauchen kann beispielsweise Gene „ausschalten“, die vor Krebs schützen. Meditation hingegen kann Gene „einschalten“, die mit der Regeneration in Verbindung stehen.
Das Erstaunlichste ist, dass epigenetische Veränderungen vererbt werden können. Studien zur niederländischen Hungersnot (1944–45) zeigten, dass die Kinder und sogar Enkelkinder von Frauen, die die Hungersnot überlebt hatten, ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und Diabetes aufwiesen. Ihre DNA blieb unverändert, wohl aber ihre genetische Veranlagung.
Dies widerlegt nicht die Bedeutung der Genetik, sondern ergänzt sie. Man kann eine genetische Veranlagung für Alzheimer haben, aber ein gesunder Lebensstil kann die Krankheit um Jahrzehnte verzögern oder sogar verhindern.
